Gift, Sexualduftstoffe oder Laubsammeln: Gegen die Larven der Miniermotte ist kein Kraut gewachsen. Der Kampf gegen die Schädlinge scheint aussichtslos, denn sie bringen vier Generationen pro Saison hervor. In ganz Europa richten die Insekten riesige Schäden an und lassen den Sommer zum Herbst werden.
Der Herbst begann im August. Die Blätter der meisten Rosskastanien hingen in diesem Jahr schon früh braun vertrocknet in den Kronen. Schuld am verfrüht verfärbten Laub ist ein fünf Millimeter kleiner Falter: metallisch-braun mit schwarz gerandeten weißen Querstreifen.
Die Miniermotte macht sich seit einiger Zeit in Europa breit. Ihre Larven zernagen die Kastanienblätter, die dadurch braun werden, sich einrollen und früh vom Baum fallen. Ein gutes Mittel gegen die Motte gibt es noch nicht.
Der wissenschaftliche Name des gefräßigen Einwanderers ist Cameraria ohridella. 1984 wurde er erstmals am Ohridsee in Mazedonien entdeckt. Schnell verbreitete sich die Motte nach Mittel- und Westeuropa – möglicherweise mit Hilfe des Reiseverkehrs. In Deutschland wurde das erste Exemplar 1993 entdeckt. Die Miniermotte gehört zu den "minierenden" Insekten. Ihre Raupen fressen im Inneren des Blattes, gut geschützt vor Feinden, so genannte Minen. In diesen macht ihnen auch eine längere Reise, etwa in eine Güterwaggon oder Lastwagen, nichts aus.
Wenn die weißen Kastanien blühen (die rotblühenden scheinen resistent gegen die Mineure), schlüpfen die ersten Falter aus den Puppen, die im Falllaub des vergangenen Jahres überwintert haben. Die Weibchen legen etwa 30 Eier auf die Blattoberflächen. Nach etwa zwei Wochen schlüpfen die Raupen und bohren sich in das Blattgewebe ein. Sie minieren drei Wochen lang, verpuppen und schlüpfen nach weiteren zwei bis drei Wochen. Ausgewachsene Miniermotten sitzen unauffällig an den Stämmen der Kastanien. Hält man ein befallenes Blatt gegen das Licht, erkennt man die kleinen Raupen. Sie fressen die Leitungsbahnen im Blatt an und kappen so die Wasser- und Nährstoffzufuhr, so dass das Blatt vertrocknet.
Drei bis vier Generationen bringt die Miniermotte pro Saison hervor, und dem Baum ist kaum eine Ruhepause vergönnt. Je weiter das Jahr fortschreitet, desto deutlicher werden die Schäden. Die letzte Generation eines Jahres überwintert im heruntergefallenen Laub als Puppe und schlüpft im nächsten Frühling. Durch starken Befall der Kastanien im Frühjahr kann es bereits im Sommer zum Laubabfall kommen. Meist werden befallene Blätter jedoch erst im Herbst abgeworfen, so dass die Kastanien genügend Reservestoffe aufbauen können.
So vertrocknet die Bäume auch aussieht – schlimmen Schaden richtet der Falter nicht an. "Die Miniermotte kann die Rosskastanien zwar schwächen, doch nicht so sehr, dass die Bäume daran eingehen würden", sagt Isolde Feilhaber vom Pflanzenschutzamt Berlin. "Dennoch stellt der Befall mit der Miniermotte neben ungünstigen Wetterbedingungen, anderen Schädlingen und städtischen Einflüssen wie Hundekot und -urin, sowie Autoabgasen eine weitere Belastung für den Baum dar, die in der Summe durchaus das Gedeihen der Bäume einschränken können."